Frangis Ali-Sade wurde in Baku/Aserbaidschan geboren. Am Konservatorium ihrer Heimatstadt wurde sie als Pianistin und Komponistin ausgebildet. 1970 absolvierte sie das Klavier-, 1972 das Kompositionsexamen; daran schloss sich 1973-76 eine Aspirantur bei Kara Karajew an. 1989 promovierte sie über "Die Orchestrierung in Werken aserbaidschanischer Komponisten". Sie unterrichtete seit 1976 im Fachbereich Musikgeschichte am Konservatorium in Baku, seit 1990 als Professorin für die Fächer Zeitgenössische Musik und Geschichte der Orchesterstile. Von 1993 bis 1996 war sie als Chorleiterin am Opernhaus von Mersin (Türkei) tätig, anschließend für zwei Jahre Dozentin für Klavier und Musiktheorie am dortigen Konservatorium. 1998/99 arbeitete Ali-Sade wieder in Baku. Seitdem lebt sie überwiegend in Deutschland.
1980 erhielt Ali-Sade den Preis des Aserbaidschanischen Komponistenverbands. 1990 wurde sie als „Verdiente Künstlerin” der Aserbaidschanischen SSR ausgezeichnet. Im November 2000 erhielt sie den Ehrentitel „Volkskünstlerin der Republik Aserbaidschan“. Seit 1989 ist sie Mitglied der Schönberg-Gesellschaft in Los Angeles.
Als Pianistin setzt sich Ali-Sade nachdrücklich für die Werke zeitgenössischer Komponisten der ehemaligen Sowjetunion ein. Ihrer Initiative ist es darüber hinaus zu verdanken, dass Werke der 2. Wiener Schule und Komponisten wie Olivier Messiaen, John Cage und George Crumb in Baku erstmals aufgeführt wurden.
Mit ihrer Klaviersonate in memoriam Alban Berg (1970) stellte sich die Komponistin 1976 beim Musikfestival in Pesaro erstmals im westlichen Ausland vor; danach erklang ihre Musik beim Schwedischen Frühling in Stockholm (1982), beim Warschauer Herbst (1983), bei den Berliner Festwochen (1986), beim Almeida-Festival in London (1987), beim Internationalen Festival für Neue Musik in Heidelberg (1989), beim Holland-Festival in Amsterdam (1989), in New York, Boston, Los Angeles und Buffalo (1989), beim Int. Forum für zeitgenössische Musik in Mexiko (1989), bei den Frankfurt-Festen 1989, in Zürich, Köln, Berlin, Bonn, beim Hamburger Frauenfestival (1990), im Rahmen des Prokofjew-Festivals in Duisburg (1991) und beim Schleswig-Holstein-Musik-Festival (1993, 2001). Sodann folgten zahlreiche Aufführungen, Portraitkonzerte, Rundfunk- und CD-Aufnahmen in den USA, der Schweiz sowie in Österreich, Großbritannien, Deutschland, Holland, Dänemark, Frankreich, Italien, Australien, Spanien, Portgal, Israel, Estland und in der Türkei. Zahleiche Werke Ali-Sades dienten als Musik zu Balletten (in Helsinki, New York und Berlin).
Im August 1999 war sie als erste Frau Composer in residence bei den Internationalen Musikfestwochen in Luzern. 1999/2000 hielt sich Ali-Sade als DAAD-Stipendiatin zu einem einjährigen Arbeitsaufenthalt in Berlin auf. In dieser Zeit fanden dort ein Portraitkonzert beim SFB sowie ein workshop und ein Konzert an der Musikhochschule Hanns Eisler statt. Im Februar 2000 widmete das Ensemble Continuum der Komponistin ein Portraitkonzert in New York, und im April 2001 luden die Seattle Chamber Players sie nach Seattle zu Konzerten, workshops und Interviews ein. Mit ihrer Komposition „Derwisch“ nimmt Ali-Sade an dem „Silk Road Project“ des Cellisten Yo Yo Ma teil. Das Kronos Quartet (San Francisco) produziert derzeit eine CD, auf der ausschließlich Werke Ali-Sades zu hören sein werden und auf welcher die Komponistin auch als Pianistin mitwirkt. Im Herbst 2000 war die Komponistin 3 Monate zu Gast im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf (Brandenburg). Im Jahr 2002 nahm sie ein Stipendium im Künstlerhof Schreyahn (Niedersachsen) wahr.
Zur Wiedereröffnung der restaurierten Philharmonie Baku fanden im Mai 2003 zwei Galakonzerte mit Werken Ali-Sades unter der Leitung von Mstislaw Rostropowitsch und Rauf Abdulayev statt. Zur Aufführung gelangten u.a. das Schlagzeugkonzert „Silk Road“, das Cellokonzert „Mersiye“ sowie das Oratorium „Reise in die Unsterblichkeit“. Im August 2003 wurde die Komponistin beim Festival junger Künstler in Bayreuth erwartet, wo sie in einem Workshop mit jungen Musikern u.a. ihr Werk „Mirage” für Ud und Kammerensemble erarbeiten wird. Wie schon im Mai 2001 hat die Komponistin im November 2003 als Composer-in-residence beim Orchester der Beethovenhalle Bonn gewirkt, wo „Sehnsucht“, ein Konzert für Sopran, Violoncello und Orchester, am 28. November zur Uraufführung kam.